Unter einem Angioödem versteht man eine akut auftretende Schwellung im Bereich der Subkutis / Submukosa. Das durch dem Internisten H. I. Quincke erstmals beschriebene Krankheitsbild ist auch unter dem Namen Quinckeödem bekannt. Es kann überall im o. g. Gewebebereich auftreten. Besonders imposant und mitunter auch lebensbedrohlich wird es wenn Lippen, Zunge sowie der Gaumenbereich betroffen sind. Auffällig ist, dass die Schwellung im Gesicht oftmals einseitig besonders stark verläuft.
Ursächlich kann das Angioödem Histamin- oder Bradikininvermittelt ausgelöst werden. Dem Bradykinin gesteuerten Typ kann auch das durch einen C1-Inhibitor Mangel verursachte Angioödem zugeordnet werden welches auch das hereditäre sowie durch ACE-Hemmer verursachte Angioödem umfasst (Inzidenz 2-4/100000). Auch durch NSAID´s ausgelöst kann ein Angioödem auftreten (1). Das Histamin induzierte Angioödem erleiden ca. 10 – 20 % der Bevölkerung im Rahmen einer Allergie (4).
Betrifft das Angioödem den Mund- / Rachenraum kann es durch eine immensense und evtl. auch sehr rasch verlaufende Schwellung der Zunge sowie des Gaumens zu einer Verlegung des Atemweges kommen. Hier gilt in erster Linie das Augenmerk der Einschätzung des Atemweges sowie der Sicherung des selbigen; vor allem bei einem rasch progregienten Verlauf. So benötigten in einer Patientenkohorte einer Arbeit von Banerji et al (2) je nach Auslöser des Ödems bis zu 30 % eine Atemwegssicherung durch Intubation. Diese sollte bei rascher Progredienz frühzeitig erfolgen. Eine Verwendung von SGA´s wird durch die Verschwellung des Mund-/Zungen-/Rachenraums meist nicht möglich sein. Man sollte immer auf eine CICO Situation vorbereitet sein und die Notwendigkeit einer Koniotomie auf dem Schirm haben!
Je nach Auslöser des Ödems (Histamin / Bradykinin) stehen auch mehr oder weniger wirksame medikamentöse Therapieoptionen zur Eindämmung zur Verfügung. Ist das Angioödem Histamin gesteuert (meist verbunden mit Urtikaria) so kann nach den Leitlinien der Anaphylaxiebehandlung gegen dieses meist erfolgreich vorgegangen werden.
- Adrenalin (bei begleitender Anaphylaxie)
- H1 Blocker
- Cortison
Treten zum Quincke Ödem begleitend keine Urtikaria sowie andere Anaphylaxiezeichen auf, so ist dieses meist Bradykinin induziert und die anaphylaktische Therapieschiene unwirksam. Hier stehen einige Medikamente zur Therapie im Raum welche jedoch im rettungsdienstlichen Umfeld nicht zur Verfügung stehen. Es bleibt in diesen Fällen also die präklinische Atemwegssicherung die Priorität #1!
- FFP´s
- Icatibant
- C1-Inhibitor Konzentrat
Allerdings zeigt eine in 2017 veröffentlichte, randomisierte Multicenterstudie (3) keinen Unterschied im Therapieerfolg beim Vergleich von Icatibant mit Placebo!
Eine deutsche AWMF Leitlinie zum Angioödem liegt in S1 Form hier zum Download vor. Sie ist jedoch im Februar 2016 abgelaufen und zum heutigen Tag (27.07.2017) noch nicht überarbeitet!

Ein Gedanke zu „Dicke Lippe – Das Angioödem“