12-Kanal EKG – Infarkt Lokalisationen

12-Kanal EKG – Infarkt Lokalisationen

Heute möchte ich wieder einmal ein wenig auf die Basics im Rettungsdienst zurückkommen. Jedem im Rettungsdienst Tätigen ist die Ableitung eines EKG mit 12 Ableitungen bekannt welches zu den Basisdiagnostikmaßnahmen gerade im Zuge des Patienten mit einer akuten Brustschmerzsymptomatik gehört. In diesem Zusammenhang gehört es vor allem zur Sicherung der Arbeitsdiagnose STEMI zum Standard. Geübtes Rettungsdienstpersonal sollte anhand eines solchen EKG einen STEMI erkennen, aber auch die Lokalisation dessen zuordnen können.

Von einem STEMI spricht man im EKG wenn in zwei oder mehr benachbarten Bustwandableitungen einen ST-Strecken Erhöhung von ≥ 0,2 mV oder in zwei oder mehr benachbarten Extremitätenableitungen von ≥ 0,1 mV vorliegen [1].  Noch  genauer differenzieren die ESC Guidelines aus 2017 „…. ≥ 0,25 mV bei Männern mit einem Alter von unter 40 Jahren, ≥ 0,2 mV bei Männern über 40 Jahre bzw. ≥ 0,15 mV bei Frauen in den Ableitungen V2-V3 und/oder ≥ 0,1 mV in den anderen Ableitungen betragen“ [2].

Wichtiger Grundsatz im Zusammenhang EKG und Infarktdiagnostik – ein Fehlen einer ST-Streckenhebung oder auch Ischämiezeichen (ST-Senkung) dient bei vorhandener Klinik niemals dem Infarktausschluss!

Hat man nun im abgeleiteten EKG einen Infarktverdacht festgestellt, so ist es nicht ganz unwesentlich dessen Lokalisation auch zuordnen zu können. Hierzu muss man sich nur vorstellen können aus welchem Blickwinkel die jeweilige Ableitung auf das Herz blickt. Am einfachsten ist es aber sich eine schematische Darstellung eines EKG mit den Ableitungszuordnungen einzuprägen oder mitzuführen; zumindest für den Anfang.

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Schematische EKG Ableitung-Lokalisation Zuordnung

Ableitungen gelistet:

  • II / III / aVF                     inferior
  • V1 / V2                             anterior / septal
  • V3 / V4                             anterior
  • I / aVL                             (lateral)
  • V5 / V6                             lateral

Bildlich dem Herzen zugeordnet sind die Ableitungen in folgendem Bild.

Herz_12EKG

Auch die Kranzgefäßzuordnung lässt sich somit grob vornehmen…

  • II / III / aVF meist rechte Koronararterie
  • V1 bis V6 linke Koronararterie

Einige Besonderheiten noch…. 

Wie ihr unschwer erkennen könnt ist der von uns immer weitläufig als Hinterwandinfarkt bezeichnete Infarkt (Abl. II / III / aVF) eigentlich an der nach unten rechts liegend vorzufinden – Inferiorinfarkt. Er betrifft oftmals das Versorgungsgebiet des AV-Knotens, weshalb auch eher mit einer Braykardie zu rechnen ist, sowie des rechten Ventrikels. Bei einem sogenannten Rechtsherzinfarkt kann es durch Einbruch der Vorlast und somit fehlendem Füllungsdruck zu einem massiven Blutdruckabfall kommen. Vorlastsenker wie zum Beispiel Nitro sind deshalb mit Vorsicht zu genießen und sollten, wie grundsätzlich, nur nach Anlage eines venösen Zuganges verabreicht werden. Das Ausmaß der rechtslastigen Betroffenheit kann man durch schreiben der Ableitungen V3r  und V4r verifizieren. Das heißt die Kabel V3 und V4 werden einfach am rechten Thorax in gleicher Höhe geklebt.

Der auf die Hinterwand beschränkte Posteriorinfarkt ist eher selten anzutreffen und in den Brustwandableitungen nicht durch eine ST-Hebung zu erkennen, da keine dieser direkt auf die Hinterwand blickt. Er wird auffällig durch eine ST-Senkung (Spiegelung) sowie auffällig große und evtl. positive R-Zacken in V1 / V2 / V3. Klebt man bei diesem Verdacht die Elektroden links weiter in den Rücken (V7 / V8 / V9) wird eine ST-Hebung deutlich. Ein gutes EKG Bildbeispiel findet ihr hier.

Sicher ist euch auch aufgefallen dass in der obigen Schemazeichnung die Ableitung aVR nirgends zugeordnet ist. So ganz ohne Bedeutung ist sie jedoch nicht! Treten hier ST-Hebungen ≥ 0,5 mV auf obwohl sonst im EKG keine auszumachen sind so kann von einer  hochgradigen Verengung der LMCA oder einer Dreigefäßerkrankung ausgegangen werden [3].

Auch auf die mögliche Auswertung eines EKG mit Linksschenkelblock zur STEMI Diagnostik mittels den Sgarbossa Kriterien sei hier nochmals ausdrücklich hingewiesen.


[1] Nikolaou NI, Arntz HR, Bellou A, Beygui F, Bossaert LL, Cariou A. Das initiale Management des akuten Koronarsyndroms. Notfall + Rettungsmedizin. 2015;18(8):984-1002. doi:10.1007/s10049-015-0084-y.

[2] Ibanez B et al ; 2017 ESC Guidelines for the management of acute myocardial infarction in patients presenting with ST-segment elevation: The Task Force for the management of acute myocardial infarction in patients presenting with ST-segment elevation of the European Society of Cardiology (ESC), European Heart Journal, Volume 39, Issue 2, 7 January 2018, Pages 119–177, https://doi.org/10.1093/eurheartj/ehx393

[3] George, Anil, Pradeep S Arumugham, and Vincent M Figueredo. “aVR – the Forgotten Lead.” Experimental & Clinical Cardiology 15.2 (2010): e36–e44. Print.

3 Gedanken zu „12-Kanal EKG – Infarkt Lokalisationen

  1. Schöner Beitrag. Leider vermisse ich Angaben über die korrekte Platzierung der Brustwandelektroden. Hier erlebt man leider die abenteuerlichsten Variationen die mit einem 12 Kanal EKG nur wenig zu tun haben und eine Verlaufsbeurteilung erschweren.

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