Sie haben mit Ihrem RTW/NEF Team gerade erfolgreich in einer Wohnung einer werdenden Mutter bei der Entbindung geholfen. Mutter und Kind sind augenscheinlich wohl auf und Sie entschließen sich nach den hektischen Minuten den geordneten Transport vorzubereiten. Die Mutter liegt mit dem Kind auf der Brust zugedeckt im Bett währen Sie das Material aufräumen und die Kollegen die Trage sowie den Treppentransport vorbereiten. Im Verlauf dessen fällt Ihnen auf dass die Mutter zunehmend blasser wird und an der Decke sowie am Kind zu nesteln beginnt. Sie widmen sich auf Grund dessen erneut der Mutter, welche auf Ansprache wirre Antworten gibt, der schnelle Griff zum Handgelenk zeigt einen flachen, schnellen Puls. Sie schlagen die Decke zurück und entdecken eine massive Lache an Blut im Gesäß- / Oberschenkelbereich.
Eine postpartale Blutung kann grundsätzlich nach jeder Entbindung auftreten wenn auch einige Risikofaktoren hierzu prädisponieren (u. a. Plazentaablösungsstörungen, Blutungen v. d. Geburt, HELLP-Sydrom, Uterusatonie, DIC). Eine Atonie des Uterus ist für ca. 80 % der primären postpartalen Blutungen verantwortlich welche im Gesamten bei ca. 3 – 4 % aller Entbindungen auftritt (1). Eine postpartale Blutung oder atone Nachblutung wird definiert mit einem Blutverlust > 500 ml / 24 h (2); wobei das Ausmaß des Blutverlustes oft unterschätzt wird und dieser bei einer akut verlaufenden Blutung auch über 1500 ml binnen Minuten betragen kann. Eine Verbrauchskoagulopathie kann Folge wie auch Auslöser sein und die Situationen verschlimmern.
Selbstredend steht das möglichst rasche Angehen der Ursache mit Blutungsstillung sowie Schockbekämpfung im Vordergrund. Da eine definitive Blutstillung oftmals erst unter klinischen Bedingungen möglich ist, liegt das Augenmerk im präklinischen Bereich auf einer manuellen sowie medikamentösen Eindämmung der Blutung. Hierzu sind je nach Ausmaß und Persistenz der Blutung verschiedene Möglichkeiten gegeben (3):
- Manuelle Uteruskompression nach Crede über das Abdomen
- Oxytocin 5 I.E. in 10 ml NaCl langsam als Bolus / anschließend 40 I.E. in 500 ml RL Infusion 125 ml / h
- Sulproston (Prostaglandin) 500 μg (1 Amp.) in 500 ml Infusion 100 – 500 ml / h in Akutphase
- Manuelle Kompression des Uterus durch Fisting über den Geburtskanal
Bei massiven Blutungen sollte an die Verabreichung von Tranexamsäure gedacht werden (3,4). Hierzu siehe auch „Tranexamsäure bei postpartaler Blutung – WOMAN trial“. Ist die Blutung durch die oben beschriebenen Maßnahmen nicht zu kontrollieren oder stehen die beschriebenen Medikamente präklinisch nicht zur Verfügung kann im Extremfall auch an ein Packing des Uterus mit Chitosan Gauze oder anderen Hämostyptika im Rahmen des vaginalen Fistings gedacht werden. Hierzu gibt es einige erfolgversprechende Fallbeschreibungen (5,6,7).
Eine gute Infografik des BMJ zum Thema postpartale Blung findet ihr hier.
(3) AWMF S2 Leitlinie Peripartale Blutungen, Diagnostik und Therapie; Stand März 2016
3 Gedanken zu „Postpartale Blutung“