Numerische Schmerzskala – hilfreich oder Zahlenbingo?

Numerische Schmerzskala – hilfreich oder Zahlenbingo?

Schmerz begegnet uns im Rettungsdienst ja eigentlich alltäglich. Um angemessen handeln zu können ist es primär natürlich einmal wichtig zu erfahren wie stark der Schmerz des Patienten eigentlich ist. Hierzu bedienen wir uns in aller Regel der numerischen Schmerzskala (NRS) welche eine Einstufung nach Schweregrad von 1 bis 10 ermöglichen soll.

Es stellt sich mir in der täglichen Praxis aber immer wieder die Frage „an was macht der Patient denn die Einstufung und damit die mir genannte Zahl eigentlich fest?“. Der eine lächelt mich an, unterhält sich mit mir relativ entspannt und sagt er hat Schmerzen der Stufte 8 und der nächste Patient äußert mit schmerzverzerrtem Gesicht eine Schmerzstärke von 4.

Nun ist es ja schon so, dass das Schmerzempfinden und somit die Einstufung der Stärke prinzipiell auf ein subjektives Empfinden zurückzuführen ist. Heißt, ein jeder Patient empfindet Schmerz anders und verschieden ausgeprägt. Dies bedeutet für uns auch, dass nicht wir mit unserer Meinung darüber entscheiden sollten ob jetzt eine adäquate Schmerztherapie angedacht werden sollte oder nicht. Jedoch sollte einigermaßen sichergestellt sein, dass wir und auch der Patient in Sachen Schmerzstärke die selbe Sprache sprechen.

Und da sind wir wieder beim anfänglich genannten Problem. Manchmal habe ich so das Gefühl dass wir mit der NRS mehr Zahlenbingo spielen als eine ernsthaft mit der Schmerzstärke in Verbindung stehende Zahl zu erhalten.

Ein Artikel auf ProHealth.com hat sich dieser Problematik ebenfalls angenommen und eine NRS erstellt welche ebenso eine gute Beschreibung der Auswirkung des jeweiligen Schmerzes auf den Patienten beinhaltet und somit eine numerische Zuordnung erleichtert. Diese wurde zwar eigentlich für Patienten mit chronischem Schmerz erstellt, kann jedoch auch im Akutfall hilfreich sein und zu einer präziseren Angabe führen. Voraussetzung ist, dem Patienten die beschriebenen Einstufungshilfen anzubieten und die gleiche Sprache zu sprechen.

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Können wir das Schmerzempfinden des Patienten besser einstufen und somit auch besser verstehen, sind wir auch in der Lage besser gegen den jeweiligen Schmerz anzugehen. Das muss übrigens nicht zwangsläufig immer heißen sofort zur Medikamentenkeule oder zumindest nicht gleich zu hochpotenten Schmerzmitteln greifen zu müssen. Wie in der gesamten Notfallmedizin gilt auch hier, basics first! Die richtige Lagerung, Ruhigstellung und Ablenkung können manchmal Wunder bewirken und bedürfen auch nicht der Notarztnachforderung.

Und nur um mich jetzt nich falsch zu verstehen – klar muss im Falle wirklich starker Schmerzen auch potent gegen diese angegangen werden was in meinen Augen oftmals auch vernachlässigt wird.

2 Gedanken zu „Numerische Schmerzskala – hilfreich oder Zahlenbingo?

  1. Hallo zusammen

    Die Einschätzung der Intensität von Schmerzen ist ausnahmslos subjektiv. Entweder durch den Patienten oder durch den Helfer – es bleibt subjektiv! Meine Erfahrung mit der NRS oder auch der VRS ist durchaus positiv, wenn der Behandler zur Bedeutung der Zahlen oder Faces Beurteilungsmassstäbe als Hilfsmittel an die Hand gibt. „Wie intensiv empfinden Sie Ihre Schmerzen anhand einer Skala von 0-10, wobei 0 Schmerzfreiheit und 10 unerträglich bedeuten?“ Andererseits wissen wir, dass Notfallpatienten aus den unterschiedlichsten Gründen nur selten die ganze Wahrheit sagen. Deshalb sind aus meiner Sicht eine gute Beobachtung der Signale des Patienten, ein Abgleich mit der Arbeitsdiagnose und eine Einschätzung der Auswirkungen des gegenwärtigen Schmerzes auf das Outcome ein ebenso wichtiges Rating. In den meisten Fällen kommen sich Patient und Behandler ja ziemlich nahe. Und jeder Patient hat ein Recht aus Analgesie….

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