Die Einleitung einer Narkose mit anschließender Beatmung eines Patienten sowie die Beatmung bei bzw. nach einer CPR sind zwar nicht das Tagesgeschäft im Rettungsdienst stellen aber auch keine absolute Seltenheit dar. Wie bei allen Maßnahmen sollte man sich auch in Punkto Beatmung in der heutigen Zeit bereits im präklinischen Setting Gedanken darüber machen welche Auswirkungen diese Maßnahme auf den weiteren klinischen Verlauf haben kann und welche Stellschrauben zur Verfügung stehen um diesen Verlauf positiv zu beeinflussen.
Um die Beantwortung der im Header gestellten Frage vorweg zu nehmen – ja, die Art der Durchführung der präklinischen Beatmung hat einen Einfluss auf den weiteren klinischen Verlauf. Der Einfluss von Beatmungsdruck sowie Sauerstoffgehalt der Atemluft auf das Lungengewebe ist immens und kann bereits nach Stunden zu beatmungsinduzierten Lungenschäden (VILI / ARDS) führen (1,2). Eine stupides, oftmals bisher gehandhabtes Vorgehen „volumenkontrollierte Beatmung – Vt 500 – Frequenz 12 – FiO2 100 %“ mag im präklinischen Bereich zur Oxygenierung und Ventilation des Patienten ausreichend und zielführend sein; setzt aber bereits hier den Beginn von Folgeschäden welche wir nicht mehr beeinflussen können und der Patient später auszubaden hat. VILI sowie ARDS können die Folge sein und führen, man glaubt es kaum, zu erhöhter Mortalität. Gerade bei der volumenkontrollierten Beatmung wurde dies erst kürzlich erneut aufgezeigt (10).
Worauf also sollten wir in Bezug auf präklinische Beatmung achten?
- druckkontrollierte statt volumenkontrollierte Beatmung (außer bei CPR)
- niedriges Tidalvolumen (Vt) – 4 / 6 bis maximal 8 ml/kg/KG-IBM (3,4)
- Frequenzanpassung um benötigtes Minutenvolumen zu erreichen
- pPlateau < 30 cm/H20 / pInsp < 35 cm/H2O (5)
- SpO2 / etCO2 gesteuerte Beatmung – FiO2 so hoch wie nötig; so niedrig wie möglich (im Intensivtransport BGA gesteuert)
- FiO2 / PEEP Relation (4)
Eine lungenprotektive Beatmung führt zu einer verminderten Inzidenz von VILI sowie zu einer Senkung der Mortalität (6). Eine weitere, seit kurzem diskutierte Komponente in Bezug auf lungenprotektive Beatmung ist der Driving Pressure (ΔP). Er lässt sich aus dem Verhältnis von Plateau Druck und PEEP errechnen (ΔP = pPlat – PEEP) und bezieht sich auf die Spannung und Dehnung der Lunge. Hier konnte gezeigt werden dass ein ΔP < 15 cm/H2O mit weniger Stress für die Lunge und somit einem positiveren Verlauf bei ARDS Patienten verbunden war (7,8,9).
Es liegt also bereits in der Hand der rettungsdienstlichen Kollegen durch eine angepasste und optimierte Beatmung einen Einfluss auf den weiteren Verlauf in Hinsicht auf eine eventuelle Vermeidung einer VILI oder eines ARDS zu nehmen. Wir sollten uns dessen bewusst sein und dementsprechend handeln; dies sind wir unseren Patienten schuldig. Und ja… selbst eine geringe Zeit kann ausreichend dafür sein die Lunge nachhaltig zu schädigen.
Ein Mnemonic von A. Phillips MD zum Handling der ersten Schritte nach Intubation möchte ich in diesem Zusammenhang auch noch erwähnen: PUSH 100%.
P Auto PEEP (schaue danach; identifiziere Ursache wenn vorhanden)
Plateau pressure < 30
Paralyze (wenn Beatmungsziel nur m. hohen Drücken erreichbar > ⬆️Narkose & Relaxanz)
U Ultrasound (Ausschluss Pneu & Verifizierung Tubuslage)
S Suction (über Tubus absaugen)
H Head up (Oberkörper 30 Grad Hochlagerung)
100% FiO2 zu Beginn 100 % und bald möglichst nach SpO2 bzw. BGA nach unten titrieren.
(2) Nickson Chris; Ventilator Associated Lung Injury (VALI). Life in the FastLane (Blog)
(4) NIH NHLBI ARDS Clinical Network Mechanical Ventilation Protocol Summary
(5) Dickson Chris; High airway and alveolar pressures. Life in the FastLane (Blog)
Ein Gedanke zu „Beatmung im Rettungsdienst – Folgen im klinischen Verlauf?“